Forscher bringen moderne Tumordiagnostik in die klinische Anwendung
Primäre ZNS-Tumoren sind nach den Leukämien die zweithäufigste Gruppe aller onkologischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Eine präzise und frühe Diagnosestellung ist entscheidend, um den Kindern eine optimale Therapieversorgung zukommen zu lassen. Wurden Tumorentitäten bislang vor allem auf histologischer Grundlage definiert, liefert die moderne molekulare Diagnostik die Möglichkeit einer genaueren und oftmals spezifischeren Tumor-Klassifizierung. Tumorzellen weisen im Gegensatz zu gesunden Zellen veränderte DNA-Methylierungsmuster auf. Diesen „molekularen Fingerabdruck“ machen sich die Forscher, darunter Professor Dr. Ulrich Schüller vom Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg, zunutze: Mittels einer Algorithmus gestützten Datenbank sind sie in der Lage, die Proben in über 80 unterschiedliche Tumorklassen zuzuordnen – über alle Entitäten und Altersklassen hinweg.
„Die molekulare Tumorpathologie ist für uns am UKE zu einem wichtigen Teil der integrierten Diagnosestellung geworden, da sie sehr zuverlässig ist und sich gut in die klinische Routine einbinden lässt“, erklärt Professor Ulrich Schüller. „Wir können präzisere Diagnosen stellen und den Verlauf der Erkrankungen zukünftig besser vorhersagen“. Bereits in 12 Prozent der Fälle führte die neue Methode zu einer veränderten Diagnosestellung. Das standardisierte Verfahren hat auch den Vorteil, Schwächen der Histopathologie – beispielsweise im Bereich der inter-observer-Variabilität und den damit zusammenhängenden Verzerrungen bei der WHO-Tumorklassifizierung entgegenzuwirken.
Ziel der Forscher ist es, diese Untersuchungsmethode bundesweit in Anwendung zu bringen und langfristig in die Krankenversorgung zu integrieren. Bis es soweit ist, ermöglicht ein von den Forschern zur Verfügung gestelltes Online-Tool die Probenanalyse für externe Kliniken (https://www.molecularneuropathology.org/mnp).
Zur Person:
Professor Dr. Ulrich Schüller ist Oberarzt im Institut für Neuropathologie des UKE. Gleichzeitig obliegt ihm die Stiftungsprofessur für Molekulare Pädiatrische Neuroonkologie, die anteilig von der Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg und dem UKE finanziert wird (https://kinderkrebs-forschung.de/forschung/ag-schueller/).
Über das Forscherteam:
Dem internationalen Forscherteam, das von Prof. David Capper (Charité Berlin) angeführt wird, gehören vor allem zahlreiche Neuropathologen an. Unter den Autoren sind mit Prof. Manfred Westphal (Klinik für Neurochirurgie), Nils Engel (Klinik für Innere Medizin), Dr. Katja von Hoff, Prof. Stefan Rutkowski (beide Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie) und Prof. Ulrich Schüller auch zahlreiche Wissenschaftler des UKE.
Originalpublikation:
Capper D., Jones D.T.W. Sill M. and Hovestadt V. (gemeinsame Erstautoren) et al. (2018) "DNA methylation-based classification of central nervous system tumours". Online-Publikation am 14.03.2018; DOI: doi:10.1038/nature26000