Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg erhält Förderung von „Fight Kids Cancer“
Gleich zwei Projekte, an denen Forschende des Forschungsinstituts Kinderkrebs-Zentrum Hamburg beteiligt sind, wurden vom europäischen Programm „Fight Kids Cancer“ (FKC) in der Förderrunde 2024 ausgewählt. Sie werden mit rund 3 Millionen Euro unterstützt. Bei den Forschungsvorhaben geht es um kindliche Krebsarten, die bisher besonders schwer zu behandeln sind.
Diagnose mit Hilfe des Liquors – unabhängig von einer OP
Eine der Förderungen fließt in das Forschungsvorhaben SOUP (Scanning the liquids of paediatric brain tumour patients to personalize treatment). Darin geht es um die Entwicklung eines zuverlässigen molekularen, minimal-invasiven Tests für Hirntumoren bei Kindern und Jugendlichen, der eine genaue Untersuchung des Krebses unabhängig von einer Operation ermöglicht. Das internationale Forscherteam, an dem insgesamt 14 Zentren in sieben Ländern beteiligt sind, analysiert dafür Erbgut-Fragmente aus dem Nervenwasser. Das Projekt wird von FKC mit 1.998.000 Euro finanziert.
„Wir haben uns in meiner Arbeitsgruppe schon lange damit beschäftigt, die Diagnostik von Hirntumoren mithilfe des Liquors durchzuführen. Nun ist es uns gelungen, winzigste Mengen freier DNA nachzuweisen und zu analysieren“, so Prof. Ulrich Schüller, der am Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg die Arbeitsgruppe Entwicklungsneurobiologie und Pädiatrische Neuroonkologie leitet. Der entscheidende Schritt nach vorne gelang durch die sogenannte Nanopore-Sequenzierung. Mit diesem Verfahren konnten an zellfreier DNA aus dem Gehirnwasser (Liquor) der Patienten charakteristische Tumorsignaturen nachgewiesen werden. Die DNA stammt aus zugrunde gegangenen Tumorzellen im Gehirn. Wenn sie absterben, gelangt ihre Erbsubstanz, die DNA, in den Liquor.
Neuen Medikamenten gegen Hirntumoren auf der Spur
Die zweite Förderung fließt in das Projekt EUROPE (Exploring unknown relapse origins in paediatric Ependymoma). Es konzentriert sich auf die dritthäufigste Art bösartiger Hirntumoren im Kindesalter, Ependymome. Kommt es bei ihnen zu einem Rückfall, sind die Überlebenschancen für die betroffenen Kinder bislang gering. Die wissenschaftliche Koordination des Projektes liegt bei David Ghasemi, Arzt am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und Wissenschaftler am Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg in der AG Schüller sowie am „Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg“ (KiTZ). Im Rahmen von EUROPE sollen Untersuchungen von Tumormaterial die zellulären Mechanismen bei Rückfällen aufdecken und neue Schwachstellen in der Tumorbiologie identifiziert werden. „Wir sind überzeugt, dass die Entwicklung neuer, wirksamer Medikamente gegen das Ependymom nur gelingen kann, wenn wir die biologischen Grundlagen dieser komplexen Tumorart wirklich verstehen. Dazu wollen wir mit EUROPE einen entscheidenden Beitrag leisten", so David Ghasemi. EUROPE wird mit 878.000 Euro gefördert; an dem Projekt sind vier Zentren aus Deutschland und den Niederlanden beteiligt.
Geschäftsführerin Wiebke Cramer unterstreicht die Bedeutung der Förderungen im Rahmen von nationaler und internationaler Forschungszusammenarbeit: „Die Fallzahlen bei kindlichen Krebserkrankungen sind sehr gering. Gleichzeitig sind sie die Patienten, die möglichweise die meisten Lebensjahre verlieren oder am längsten mit Spätfolgen der Therapie leben müssen. Deshalb ist Unterstützung für die Kinderkrebsforschung so wichtig. Wir freuen uns sehr, die Forschung in starker Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen vorantreiben zu können.“
„Fight Kids Cancer“ ist ein europäisches Programm, das von gemeinnützigen Einrichtungen getragen wird, die sich für die Bekämpfung von Krebs im Kindesalter und für die Unterstützung betroffener Familien einsetzen. Gefördert werden länderübergreifende frühe klinische Studien und kliniknahe Forschungsprojekte, die das Potenzial haben, die Situation krebskranker Kinder nachhaltig zu verbessern. Dafür haben sich fünf Förderorganisationen zusammengeschlossen: Imagine for Margo (Frankreich), KickCancer (Belgien), Fondatioun Kriibskrank Kanner (Luxemburg), CRIS (Spanien) und Kika (die Niederlande) erhalten die Spendengelder aus Benefizaktionen wie Wohltätigkeitsläufen.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner
Prof. Ulrich Schüller
Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg
E-Mail: schueller@kinderkrebs-forschung.de
Pressekontakt
Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg
Gebäude N 63
Martinistr. 52
20251 Hamburg
E-Mail: presse@kinderkrebs-forschung.de
Über das Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg
Das Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg wurde im Jahr 2006 von der Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg e.V. mit Spendengeldern gegründet. Am Institut erforscht ein multidisziplinäres Team von rund 50 klinisch tätigen Ärzt:innen, Naturwissenschaftler:innen, technischen Assistent:innen und engagierten Mitarbeitenden die molekularen Entstehungsmechanismen der Krebserkrankungen bei Kindern, um neue Ansätze für bessere und zielgenaue Therapien zu entwickeln. Spenden, Patenschaften und privates Engagement ermöglichen die Forschungsarbeit. Das Institut wird von einem wissenschaftlichen Beirat begleitet und arbeitet eng mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) sowie dem Leibnitz-Institut für Virologie (LIV) zusammen. Durch die Kooperation mit nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen sowie mit der klinischen Patientenversorgung am UKE werden optimale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Behandlung von krebskranken Kindern geschaffen. Rund die Hälfte der Projektkosten werden durch kompetitive Drittmittel gedeckt – unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Deutschen Krebshilfe, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie der Europäischen Union.
Über Krebs im Kindesalter
In Deutschland erkranken jährlich circa 2.200 Kinder und Jugendliche an Krebs – die häufigsten Formen sind Blutkrebs (Leukämien), Hirntumoren sowie Tumoren des Lymphgewebes. Karzinome, die bei Erwachsenen mehr als 90 Prozent der Neuerkrankungen ausmachen, kommen dagegen selten vor. Die Diagnose Krebs ist für die Familien zutiefst einschneidend und stellt den Lebensalltag auf den Kopf. Die Behandlung zieht sich in der Regel über Wochen und Monate hin. Die verschiedenen Therapieformen stellen eine außerordentlich starke Belastung für die jungen Patienten dar. Akute Nebenwirkungen treten mit hoher Wahrscheinlichkeit auf. Besorgniserregend sind auch die zunehmend diagnostizierten, teilweise gravierenden Spätfolgen der Strahlen- und Chemotherapie von Krebserkrankungen im Kindesalter. Generell konnten dank erfolgreicher Forschung in den letzten Jahrzehnten große Erfolge bei der Bekämpfung kindlicher Krebserkrankungen erzielt werden. Heute sind die Erkrankungen in vielen Fällen heilbar: Etwa 80 Prozent aller Betroffenen überleben. Das ist ein großer Erfolg, wenn man bedenkt, dass diese Kinder noch bis vor wenigen Jahrzehnten kaum Überlebenschancen hatten. Gleichwohl sterben auch heute noch zu viele Kinder an Krebs oder erfahren durch die Erkrankung oder die Behandlungsmethoden schwerwiegende Einbußen ihrer Lebensqualität.